In den letzten Monaten ist unter jungen LGBTI+ eine Reality TV Show in aller Munde: “Princess Charming”. Eine lesbische Dating Show in der eine lesbische Frau als Princess ausgewählt wird und durch mehrere Gruppen- und Einzeldates entscheiden soll, welche Person sie auch nach der Show weiter daten will. Das Ganze findet in einer Villa in Thailand statt, mit dabei – viel Alkohol & Party. Beliebtheit erlangte die Show primär durch ihre Präsenz auf Social Media. Immer wieder stößt man auf Videos, welche auf die wöchentlich erscheinenden Folgen und die neusten Entwicklungen reagieren. Die Show scheint viele junge LGBTI+ zu unterhalten. Doch was steckt hinter dieser Dating Show? Einfach eine harmlose Darstellung von lesbischen Beziehungen? Oder sogar eine tiefe Auseinandersetzung mit lesbischen bzw. LGBTI+ Realitäten? Diese Fragen wollen wir im Folgenden diskutieren und Princess Charming einmal unter die Lupe nehmen.
Begrenztes Bild von Romantik und Ignoranz gegenüber alltäglicher Gewalt
Gerade in Zeiten von Angriffen durch militante Faschisten auf CSDs, steigender LGBTI+ feindlicher Gewalt und dem allgemein aufsteigenden Faschismus, könnte man meinen es trägt zur Akzeptanz von LGBTI+ Beziehungen bei, wenn diese im Fernsehen dargestellt und repräsentiert werden. Woher kommt überhaupt die Gewalt gegen LGBTI+ Beziehungen? LGBTI+ Beziehungen passen nicht in das Bild einer binären-monogamen-heterosexuellen Beziehung, dadurch werden sie an den Rand der Gesellschaft gedrängt, da sie nicht den Interessen und Aufgaben der Gesellschaft und des Kapitals nützen. Um diese Beziehungen an den Rand zu drängen braucht es Gewalt. Auch wenn LGBTI+ Beziehungen Unterdrückung und Gewalt ausgesetzt sind, kommt es auch in den Beziehungen selbst zu patriarchalem Verhalten und Denkmustern. Wird das zum Thema bei Princess Charming? Bei Princess Charming wird weder die Gewalt und Unterdrückung von lesbischen bzw. LGBTI+ Beziehungen zum Thema gemacht, noch wird über patriarchales Verhalten und Denkmuster gesprochen. Obwohl es bei der Show in einer früheren Staffel sogar schon zu sexualisierter Gewalt gekommen ist. Romantische Beziehung werden dennoch unkritisch glorifiziert und auf ein Podest gehoben. Außerdem werden romantische Beziehungen mit einer gewissen Reserviertheit verbunden. Zuneigung und Aufmerksamkeit seien etwas was allein für romantische Beziehungen vorhergesehen sei, nicht etwa auch unter Freund:innen stattfinden kann. In der aktuellen Staffel wird das sehr deutlich, da sogar das Kuschel mit anderen Kandidat:innen den Rausschmiss aus der Villa bedeuteten kann. Das liegt nicht allein an der Princess, wie es häufig auf Social Media dargestellt wird, sondern auch am allgemeinen Bild von Beziehungen in allen Dating-Shows. Wie sieht Liebe in Dating-Shows überhaupt aus? Liebe sei etwas was allein in Zweisamkeit ihren Höhepunkt finden kann. Dieses Bild von Liebe ist ein stark begrenztes Bild, welches es zu überwinden gilt. Denn Liebe ist nichts Zweisames, sondern etwas kollektives, was nicht auf romantische Beziehung begrenzt ist. Genoss:innenschaftlichkeit oder Freundschaften können auch Liebe bedeuten. Eine Liebe die Verantwortung, Solidarität und Fürsorge bedeutet und keine, die allein auf Zuneigung basiert. Doch was steckt hinter diesem begrenzten Bild von Liebe und der Ignoranz gegenüber der alltäglichen Gewalt?
RTL hat kein Bock auf Politik
Princess Charming wird von RTL, einem kapitalistischen Unterhaltungskonzern produziert, dem es vor allem um eins geht: Vermarktung von lesbisch sein, um sich dann selbst als fortschrittlich zu verkaufen.Dabei werden Lesbische Personen werden in der Show unnötig durch zum Beispiel Kinky Partys sexaulisiert. Deshalb gibt es viel Party und wenig politischen Inhalt, auch wenn die Teilnehmenden sich selbst politisch geben oder es tatsächlich sind. Es lässt sich nämlich nicht so gut verkaufen, wenn es zu politisch wird. LGBTI+ und lesbisch sein, wird auf Liebe und Beziehungen reduziert. Da hat RTL wohl Angst vor zu viel politischen Inhalt, damit trägt auch Princess Charming zur Entpolitisierung der Community bei. Das obwohl gerade widerständige Politik Teil unserer Realität ist. Es ist nun mal so, dass wir auf offener Straße beleidigt, bespuckt und geschlagen, sogar ermordet werden und wir uns Tag für Tag dagegen wehren müssen. In der Show wird dieser Kampf überhaupt nicht zum Thema gemacht. Stattdessen bleibt es bei Partys und meist oberflächlichen Gesprächsthemen, denn es ist nicht im Interesse der kapitalistischen Unterhaltungsindustrie unsere widerständige Geschichte, unsere Realität und gegenwärtige politische Diskussionen innerhalb der Community darzustellen. Also kurz gesagt: Obwohl es gerade wichtiger denn je ist sich gegen Gewalt, Unterdrückung und Faschismus zu positionieren wird es in den wenigen Shows, Serien und Filmen in denen wir existieren nicht zum Thema. Die Show schafft es selbst in solchen Zeiten LGBTI+ Realitäten oberflächlich zu verkaufen, ohne tatsächliche Tiefe. Das alles trägt zu einer Kultur der Ablenkung bei: einer Kultur in der wir uns als LGBTI+ mit Repräsentation, die keinen wirklichen Inhalt hat, zufriedengeben sollen. Einer Repräsentation und Kultur die nichts zur Lösung unserer Unterdrückung beiträgt. Um Gewalt und Unterdrückung effektiv zu bekämpfen braucht es Organisation und keine Kultur der Ablenkung.
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