Pride Rebellion

Proteste und Repressionen beim AfD-Bundesparteitag in Essen – Wie kämpfen wir weiter?

Am Samstag den 29. Juni fanden die “Widersetzen” Proteste in Essen statt. Anlass war der AfD-Parteitag, das Ziel: Verhindern.

Dafür schloss sich im Voraus ein Bündnis aus einer großen Anzahl an Organisationen zusammen, welches die Kräfte aus verschiedensten Lagern vereinte. Es war ein Zeitpunkt der linken Bewegung, bei dem alle an einem Strang zogen, um ein politisches Ziel zu erreichen. Dieses politische Ziel war ein Großes, denn der AfD-Bundesparteitag in Essen sollte verhindert werden, ein Parteitag, der für die AfD einen wichtigen Zeitpunkt im Jahr darstellt, in dem Delegierte die politische Ausrichtung der Partei in der Zukunft bestimmen und auch ein Zeitpunkt, um den Vorsitz der AfD zu wählen.

Gegen diesen Parteitag gab es nun verschiedenste Aktionen des Ungehorsams. Aus verschiedenen Teilen des Landes reisten politische Gruppen, aber auch einzelne Aktivist:innen an, um klar zu machen, welche Position gegen die AfD gefordert ist – eine, die Widerstand zeigt und nicht nur zuschaut.

So gab es verschiedenste Aktionsformen, es wurden Autobahnen blockiert, Hotelzugänge dicht gemacht, Parkhauseinfahrten gestört und allen der Weg in die Grugahalle maßgeblich erschwert. Viele dieser Proteste waren massiv begleitet von Polizeigewalt. Der Knüppel saß stets locker und wurde bei den kleinsten Bewegungen geschwungen. Es gibt Bilder von wehrlosen Demonstrant:innen, die verprügelt werden und davon wie Pfefferspray wahllos in die Menge gesprüht wird. So haben nicht nur die Demonstrant:innen körperlich gespürt, wer die AfD schützt, sondern das ganze Land konnte es sehen. Die Polizei hat alles dafür getan, den Parteitag und die AfD zu schützen.

Wir Protestieren wie wir wollen!

Neben einer Großdemonstration mit rund 70.000 Teilnehmer:innen, beteiligten sich an den Blockaden und anderen Aktionen laut offiziellen Angaben etwa 7.000 Antifaschist:innen. Antifaschist:innen, die genau wussten, was sie in Kauf nehmen. Antifaschist:innen, denen klar war, welchen Empfang sie von der Polizei bekommen werden. Und so konnten auch Erfolge erzielt werden. Schon um 10 Uhr wurde klar, dass der Parteitag nicht wie geplant stattfinden kann, da hunderte Delegierte nicht den AfD-Parteitag erreichten. Es gab Bilder, bei denen man klar sah, dass die Halle fast komplett leer ist. Das war ein erster Erfolg, der Start wurde verlegt. Auch im Laufe des Tages konnten rund 100 Delegierte den Parteitag nicht erreichen. Genauso gab es viele Bilder von AfD-Delegierten, denen klar war, dass ihr Weg kein leichter sein wird. Ein Delegierter biss sich am Bein eines Antifaschisten fest, und Beatrix von Storch flüchtete in Polizeibegleitung panisch vor den Antifaschist:innen. Andere mussten im Anzug über Polizeiabsperrungen klettern, weil alle anderen Eingänge blockiert waren.

Allen Beteiligten wurde so klar gezeigt, dass sie in Essen nicht willkommen sind. Aber auch der Polizei und dem Staat wurde gezeigt, dass wir stärker sein können als sie. Dass wir einen Widerstand organisieren können, der ihren Repressionen standhält und sich nicht von ihren Knüppeln einschüchtern lässt. So wurden zahlreiche Aktionen erfolgreich durchgeführt, zahlreiche Kessel durchbrochen und viele Straßen und Zugänge blockiert. So konnten wir den Bundesparteitag, eine Veranstaltung, auf der die Verfolgung und Unterdrückung von LGBTI+, Frauen und Migrant:innen hätte geplant werden sollen, massiv stören.

Aber wie jedes Jahr gab es auch Repressionen über den Schlagstock hinaus. Genoss:innen wurden verhaftet und saßen lange Zeit in der GeSa (Gefangenen Sammelstelle), teils bis zu 34 Stunden. Es wurden Prozesse ohne einen Anwalt gestartet und Anrufe einfach verwehrt. Über 30 Grad heiße Zellen ohne Lüftung und Fenster, vollgefüllte Räume, in denen Leute sich ausziehen mussten, um die Hitze auszuhalten. Versuche von Einschüchterung und langen Haftangaben.

Die angeblich inzwischen so LGBTI+ freundliche Polizei hat auch an diesem Tag ihr wahres Gesicht gezeigt: Transpersonen in der Gesa wurden in Einzelzellen gesperrt, während alle anderen sich Zellen Teilen durften. Über ihre Identität wurde sich lustig gemacht und sie wurden transfeindlich beleidigt.

Währenddessen gab es von außen aber immer organisierte Solidarität. Eine Vielzahl an Personen von verschiedensten Organisationen wartete auf die Gefangenen, versorgte sie mit Wasser und Essen und empfing sie Applaus. Hier zeigt sich gelebte Solidarität und das Bewusstsein, dass Repressionen zwar Einzelne treffen, aber alle damit gemeint sind.

Was sind unsere Lehren für die Zukunft?

Doch trotz all dieser Gewalt sprach die Presse vor allem von den verletzten Polizist:innen, von den gewalttätigen Demonstranten, doch wir sehen, wie die Realität ihrer Erzählung widerspricht.

Wie viele verschiedene Menschen alle ein gemeinsames Ziel geteilt haben und mit ihren Aktionen auch Erfolg erzielt haben. Dass dieser Moment ein Baustein der antifaschistischen Bewegung sein kann und auch ein Moment, der die Zukunft der Proteste weiter formen kann. Doch nicht alles war perfekt. Es wurde klar, dass wir noch nicht genug sind. Dass es zwar ein schöner Anfang ist, aber dass wir weiter unsere Bewegung aufbauen müssen. Dass wir mehr werden müssen und auch in der breiteren Bevölkerung ein größeres Rückgrat brauchen.

Dazu zählt auch die LGBTI+ Bewegung. Es gab zwar viele Beteiligungen von LGBTI+ Personen, aber nur wenige haben die Militanzbereitschaft gezeigt, die wir als Bewegung brauchen. Und nur wenige haben sich explizit als organisierte LGBTI+ der faschistischen AfD entgegen gestellt.

Das muss als revolutionäre LGBTI+ Bewegung und insbesondere als revolutionäre LGBTI+ Organisation momentan eine unserer Hauptaufgaben sein. Wir müssen uns nicht nur gemeinsam organisieren, sondern auch unser antifaschistisches Profil schärfen. Die starke Verbindung von antifaschistischem Kampf und LGBTI+ Kampf nicht nur aufzeigen, sondern klar und deutlich auf die Straße tragen. LGBTI+ gehören im Kampf gegen den Faschismus in die ersten Reihen! Dabei heißt es auch, klar zu machen, wie wir den Faschismus effektiv bekämpfen können, und dass es schon hunderte LGBTI+ gibt, die diese Erkenntnis gelebt haben. Von Ivana, die als lesbische Frau gegen die faschistischen IS-Horden gekämpft hat, über Maja, die als antifaschistische non-binäre Person aktiven Widerstand gegen Faschisten gezeigt hat.

Dieses Wochenende hat uns wieder einmal deutlich gemacht: Die Polizei schützt uns nicht. Wenn wir daran denken, dass unsere CSDs von Faschist:innen angegriffen werden, darf die erste Antwort darauf, nicht die Polizei sein. Diesselbe Polizei, die uns für unseren Protest gegen den AfD-Bundesparteitag geschlagen und eingesperrt hat. Stattdessen stehen wir vor der Aufgabe, uns selbst zu schützen. 

Deswegen sagen wir: Antifa heißt Angriff! We Bash Back! Lassen wir uns nichts mehr gefallen, organisieren wir Solidarität mit Antifaschist:innen auf der Straße und vor Gericht, und tragen wir unsere Gedanken in die LGBTI+ Massen. Zeigen wir in den nächsten Monaten, was uns als LGBTI+ der antifaschistische Kampf bedeutet, und organisieren wir den Widerstand!


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