Pride Rebellion

Der Fall Maja T. – Auslieferung einer nichtbinären  Antifaschist:in nach Ungarn

Ob Lina E., der Leipziger Kessel oder die Kriminalisierung von Palästinasolidarität: Die zunehmenden Repressionen gegen Antifaschist:innen erleben wir tagtäglich am eigenen Leib, besonders als antifaschistisch organisierte LGBTI+. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Fall von Maja T., einer nichtbinären Antifaschist:in aus Deutschland. Am 28. Juni wurde Maja aufgrund der mutmaßlichen Teilnahme an einer antifaschistischen Störaktion in Ungarn in einer Nacht- und Nebelaktion an die ungarischen Behörden ausgeliefert. Zuvor war Maja 6 Monate lang in der JVA Dresden inhaftiert – einer Haftanstalt für Männer.

Hintergrund: Der Budapest-Komplex

Im Februar 2023 soll Maja zusammen mit weiteren internationalistischen Antifaschist:innen in Budapest den „Tag der Ehre“ angegriffen haben, bei dem jedes Jahr Nazis aus ganz Europa ihren “Helden” aus Wehrmacht und SS gedenken. Seither wird europaweit nach den mutmaßlich beteiligten Antifaschist:innen gesucht. Zwölf von ihnen sind noch auf der Flucht und drei Personen standen bzw. stehen bereits in Ungarn vor Gericht: Ilaria S. aus Italien , welche durch die Europawahlen aus der Haft entlassen werden musste und Tobias E. aus Deutschland, welcher seit fast 17 Monaten in Ungarn festsitzt – in verschärfter U-Haft unter menschenunwürdigen Bedingungen. 

Maja und einer weiteren Person aus Italien wurden zunächst in ihrem jeweiligen Heimatland der Prozess gemacht: Am 11. Dezember 2023 wurde Maja in Berlin auf brutalste Weise durch die deutsche Polizei verhaftet und durch eine Glastür geworfen, wobei Maja mehrere Verletzungen erlitt. Die Inhaftierung in einem Gefängnis für Männer ist an sich bereits als ein Akt patriarchaler bzw. heterosexistischer Gewalt zu verstehen. Zusätzlich war Maja als nichtbinäre Person von Anfang an dem massiven Risiko eines LGBTI+-feindlichen Angriffes innerhalb der Haftanstalt ausgesetzt. Dazu kam es dann auch im April. Seitdem durfte sich Maja nur noch in Begleitung durch die Haftanstalt bewegen, wodurch Maja nicht einmal die „Freizeitangebote“ in der Haft nutzen konnte. Für einige Wochen wurde zudem die Kommunikation nach außen massiv eingeschränkt, sodass etwa das Budapest Antifascist Solidarity Committee (BASC) Maja nicht kontaktieren konnte.

LKA Sachsen & ungarische Justiz Hand in Hand

Beim Budapest-Verfahren spielen sich die staatlichen Kontrollapparate in Ungarn und Deutschland gegenseitig in die Hände: Das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen konstruiert gemeinsam mit der ungarischen Staatsanwaltschaft das Bild, die Gruppe um Lina E. sei verantwortlich für die Angriffe in Budapest – ohne, dass es dafür konkrete Beweise gibt. Damit wurden das Budapest- und das Antifa-Ost-Verfahren verknüpft: Zwei Prozesse, mit denen in der Öffentlichkeit der Eindruck einer bedrohlichen, unverhältnismäßig gewalttätigen Antifa geschaffen wird. Die bürgerliche Presse feiert die Verhaftungen in beiden Fällen als Sieg über den „linksextremen Untergrund“.

Zwischenzeitlich sollte Maja sogar versuchter Mord angehängt werden, was selbst der Bundesgerichtshof entschieden abwies. Klar wird hier, dass der staatliche Repressionsapparat seine Methoden verschärft und dabei auch vor einer Auslieferung der gesuchten Personen an das faschistisch geprägte Ungarn nicht zurückschreckt.

Was bedeutet die Auslieferung nach Ungarn?

Kollektive wie die Rote Hilfe rechnen damit, dass auf die Auslieferung eine hohe Haftstrafe und Inhaftierung unter menschenrechtswidrigen Bedingungen folgen wird. Wie ein Verbund solidarischer Anwält:innen betont, ist Ungarn de facto kein Rechtsstaat. Die Untersuchungshaft kann dort quasi nach Belieben verlängert werden und in den Gefängnissen gelten unmenschliche Bedingungen, wie die dort bereits inhaftierte Italienerin Ilaria S. berichtete. Besonders für Maja als nichtbinäre Person bedeutet die Inhaftierung im offen LGBTI+-feindlichen Ungarn eine extreme Gefährdung. 

Anstatt Maja vor den ungarischen Haftbedingungen zu schützen, hat der deutsche Staat in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni wieder einmal bewiesen, dass er kein Interesse an der Sicherheit von uns LGBTI+ Personen hat: Maja wurde in einer ominösen Nacht- und Nebelaktion aus der Zelle abgeholt und an die ungarischen Behörden ausgeliefert, ohne dass Majas Anwält:innen Kenntnis von Majas Aufenthaltsort hatten. Dass das Berliner Kammergericht die Auslieferung unter diesen Umständen überhaupt zugelassen hat, zeigt deutlich die Verschärfung der Repression gegen Antifaschist:innen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die Auslieferung aufgeschoben, Maja wurde jedoch bereits nach Ungarn gebracht. Die Staatsanwaltschaft gibt deshalb an nicht mehr Handeln zu können, die Rückführung Majas durch den ungarischen Staat ist noch unwahrscheinlicher. Wir können also die Willkür der Behörden sehen, welche Maja bewusst frühzeitig ausgeliefert haben, um einem Antrag beim Bundesverfassungsgericht zuvorzukommen. Der vermeintliche Rechtsstaat fällt hier ganz klar in sich zusammen.

Kein Einzelfall

Doch schließlich ist das Budapest-Verfahren kein Einzelfall: Auch in den vielen Verfahren nach §129, wie bei Lina E., und Prozessen gegen Klimaaktivist:innen erteilt der deutsche Staat immer mehr Haftstrafen. Diese staatliche Repression trifft nicht nur LGBTI+ Personen wie Maja besonders hart, sondern auch Genoss:innen aus dem kurdischen Befreiungskampf oder der kommunistischen Bewegung in der Türkei, die in Deutschland jahrelange Haftstrafen absitzen müssen.

Solidarität heißt Widerstand!

Wir dürfen uns davon aber nicht brechen lassen: Wenn Nazis aufmarschieren, wenn sich faschistische Ideologien in den Parlamenten und in der Gesellschaft breit machen, wenn Faschist:innen uns LGBTI+ als Feindbild benutzen – dann ist Militanz nicht nur legitim, sondern notwendig! 

Besonders an dem Fall von Maja erkennen wir, dass die zunehmende Verfolgung von Antifaschist:innen  und die staatliche LGBTI+-Feindlichkeit Hand in Hand gehen. Wir dürfen die Auslieferung  unseres:r  nichtbinären antifaschistischen Genoss:in  nicht unbeantwortet lassen: Lasst uns Majas Kampfgeist solidarisch auf die Straßen tragen und dem deutschen Staat zeigen, dass wir weder die Auslieferung von LGBTI+ Personen noch die Inhaftierung von Antifaschist:innen akzeptieren! Wir stehen gemeinsam gegen Repressionen, gegen den Heterosexismus, gegen den Faschismus! Für die Freiheit aller politischen Gefangenen!

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